Eine Person in orangefarbener Jacke sitzt auf einem schmalen Felsvorsprung hoch über den Bergen, mit Wolken und blauem Himmel im Hintergrund. | © DAV Dortmund

Hochtourenwoche Monte Rosa Gebiet

09.09.2025

Eine Woche im Monte-Rosa-Gebiet mit leichten 4000ern, Gletschern und unvergesslichen Momenten.
Von Hüttenabenden bis zu Gipfelerlebnissen über 4500 Metern – ein eindrucksvolles Abenteuer.

20.07.2025
Trotz schwieriger Parkplatzsituation und der spektakulären Explosion von Marlons Wasserflasche (nach kurzem Bodenkontakt) geht es für Andre, Jonas, Mario, Marlon, Philip und Sebastian um kurz nach zehn Uhr in Staffal, höchstgelegener Ort im Val Gressoney, los.
Wandermäßig bewältigen wir mit Gepäck die etwa 600 Höhenmeter hinauf zum temporären „Basecamp“ Rifugio Gabiet. Dort bleibt vor dem täglichen 4-Gänge-Menü noch genügend Zeit für erste Spaltenbergungsübungen auf der nahegelegenen Wiese. 

21.07.2025
Der Tag beginnt mit Regen – also erstmal Zwangspause. Die wird zweifach genutzt: Einerseits für ein ausgiebiges italienisches Frühstück (Kekse und Kaffee – ja, es gab auch Müsli), andererseits für die Notfallbergung einer Ersatzstirnlampe aus Marios Auto (für welchen Teilnehmer, wird nicht verraten).
Gegen 11 Uhr lässt der Regen nach und es kann der erste Gipfel inklusive eigenverantwortlicher (!) Begehung eines neuem Insta-Geheimspots bestiegen werden: Das Corno Rosso mit knapp über 3000 Metern. 
Der Rückweg zum Basecamp verläuft zügig – echtes Sauseschritt-Tempo. Highlight des Tages: Ein Steinbock, der uns unverwandt anstarrend, ganze fünf Minuten am Stück uriniert! 

22.07.2025
"Morgenstund hat Gold im Mund" – uns egal, wir schlafen aus (wir wollten zwar als Erste beim Frühstück sein, haben es aber nicht ganz geschafft).
Nach kurzem Steigeisen-Check geht es über zahlreiche Serpentinen bergauf. Kurz vor dem Planaromablick an der Glocke des Gipfels Alta Luce können wir eine gut getarnte Gruppe "Bergziegen" bestaunen („Ich glaube, es waren wirklich Steinböcke!“).
Hafer-Hanf-Proteinriegel (Sebastians Verpflegung) sind nicht nur wenig lecker, sondern auch trocken – das liefert Motivation für die nächsten 400 Höhenmeter zur Mantova-Hütte. Nach einem Imbiss treten wir den kurzen Abstieg zur Seilbahn an, wo es uns trotz leichter Kommunikationsschwierigkeiten gelingt, ein Ticket für die Talfahrt zu erstehen.
Wie immer haben wir beim Abendessen alles gegessen – wirklich alles – und damit die sehr nette Wirtin bestens unterhalten.

23.07.2025
Die letzte Nacht auf der altbekannten Hütte war sehr erholsam – ein starker Kontrast zu den kommenden Nächten auf höheren Hütten!
Mit dem Lift geht es heute auf knapp 3200 Meter. Dort schnallen wir die Steigeisen an, um die kleine Madonna auf dem Gipfel der Punta Giordani zu bestaunen – und gleichzeitig unseren ersten 4000er zu besteigen.
Am Abend kehren wir auf der bereits inspizierten Mantova-Hütte ein. Die moderne Hütte überzeugt durch ein hochprofessionelles Service-Team – weniger überzeugend ist jedoch die kaum auszuhaltende Lautstärke im Speisesaal (die von den Italienern augenscheinlich genossen wird). Wie immer in dieser Woche haben wir einen Schlafraum für uns (und der alte Mann bekommt sein Bett im Erdgeschoss), trotzdem ist die Schlafqualität auf 3500 Metern durchwachsen.

24.07.2025
Von der Mantova-Hütte brechen wir in der Morgendämmerung Richtung Gnifettihütte auf. Bei besten Bedingungen lassen wir unsere nächste Unterkunft links liegen und stapfen mit vielen andern Seilschaften zur Vincentpyramide (4215m), deren Gipfel wir allerdings für eine Weile bei bester Sicht für uns allein haben. Im Abstieg nehmen wir noch das benachbarte Balmenhorn mit und gönnen uns dort eine längere Pause. Zurück geht es entspannt, bei zunehmend weichem Schnee und entsprechendem Einsinken, aber schweißtreibend zur Gnifettihütte. Dort nutzt der ein- oder andere die Nachmittagsstunden für ein Erhohlungsnickerchen, bevor es abends das typische vier-Gänge-Menü gibt (eigentlich Wahnsinn für die Höhe und in Anbetracht der Hüttenversorgung per Heli).

25.07.2025

Heute steht mit der Signalkuppe (4554m), wo wir auf der Capanna Margherita übernachten werden, und der Zumsteinspitze (4563m) der Höhepunkt der Tour an. Bei insgesamt guten Bedingungen (bisweilen ohne Sicht, manchmal sehr windig, dann wieder sonnig ...) kommen wir gut voran. Die Aussicht auf den schmalen und steilen Firngrat zur Zumsteinspitze behagt nicht jedem, sodass ein Teil der Gruppe im Sattel zwischen den beiden Gipfeln wartet. Zurück vom Gipfelabstecher geht es wieder vereint bei immer weniger Sicht, zunehmendem Wind und Schnee rasch zur Capanna (wo das Finden des Eingangs die nächste Herausforderung darstellt). Die Hütte ist picke-packe voll, aber das routinierte Hüttenteam hat alles im Griff - auch hier gibt es das übliche Menü (und Nachschlag - und man kann selbst einen einzelnen Espresso mit Karte bezahlen - das nur mal als Hinweis an die Betreiber mancher österreichischer Hütten), Wahnsinn! Dass wir hier hoch sind, wird uns bewusst, als ein Mitglied einer anderen Seilschaft aufgrund von stärker werdenden Höhenkrankheitssymptomen mit dem Heli ausgeflogen werden muss. Uns geht es gut - morgens sind wir uns aber einig darüber, dass erholsamer Schlaf etwas anderes ist.

26.07.2025
Ein straffes Programm: Bei starkem Wind brechen wir früher auf und steigen von der Cappana Margherita zur Seilbahnstation Indren ab und fahren nach Staffal, wo uns zur Mittagspause eine leckere Lasagne sowie Back- und Kaffeespezialitäten erwarten. Danach machen wir uns auf zur Sella-Hütte, von wo wir am letzten Tag den Castor in Angriff nehmen wollen. Dazu fahren wir mit dem Lift auf der gegenüberliegenden Talseite zum Colle Betta und beginnen den rund 900 Höhenmeter langen Anstieg. Hier zeigt sich, bei zunehmend schlechtem Wetter, dass die Strapazen der vergangenen Tage Spuren hinterlassen haben. Nach etwa 700 Höhenmetern, vor dem letzten anspruchsvollen Wegstück zur Hütte, entscheidet sich die Gruppe zum Umkehren - der Castor muss warten. 


So trennen sich die Wege der Teilnehmenden einen Tag früher als geplant – zurück bleiben Erinnerungen an eine wunderschöne, fordernde Woche voller einmaliger Momente, in der nebenbei nicht nur viel über Ausrüstung (Rucksäcke, Smartwatches, Brillen), sondern auch über Gott, die Welt, die Moral, verschiedene Wirtschafts- und Gesellschaftsentwürfe und vieles mehr gefachsimpelt wurde.

Tourenbericht Marlon Philipp und Mario Kötter